Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt: Ver­fas­sungs­be­schwer­de gegen Kün­di­gung wegen men­schen­ver­ach­ten­der Äuße­rung erfolg­los

Am 2. Novem­ber 2020 bestä­tig­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Recht­mä­ßig­keit der Kün­di­gung eines Betriebs­rats­mit­glieds, das durch ras­sis­ti­sche Belei­di­gun­gen die Men­schen­wür­de eines Kol­le­gen ver­letzt hat­te (Az.: 1 BvR 2727/19). Das Gericht stell­te klar, dass der Schutz der Men­schen­wür­de Vor­rang vor dem Grund­recht auf Mei­nungs­frei­heit hat. Die­se Ent­schei­dung erfolg­te im Rah­men einer Ver­fas­sungs­be­schwer­de, die gegen die Kün­di­gung ein­ge­reicht wor­den war, nach­dem das Betriebs­rats­mit­glied einen dun­kel­häu­ti­gen Kol­le­gen mit abwer­ten­den Affen­lau­ten belei­digt hat­te. Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt — Pres­se­mit­tei­lung.

Hin­ter­grund des Falls

Der Fall begann, als ein Betriebs­rats­mit­glied eines Unter­neh­mens einen dun­kel­häu­ti­gen Kol­le­gen wäh­rend einer Betriebs­ver­samm­lung mit Affen­lau­ten belei­dig­te. Die­se Äuße­rung wur­de als ras­sis­tisch und men­schen­ver­ach­tend ein­ge­stuft und führ­te zur sofor­ti­gen Kün­di­gung des Betriebs­rats­mit­glieds. Die Kün­di­gung wur­de von dem Betrof­fe­nen ange­foch­ten, wor­auf­hin die Ange­le­gen­heit die Gerich­te durch­lief, bis sie schließ­lich vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt lan­de­te. Das Unter­neh­men und auch die unmit­tel­bar betrof­fe­nen Kol­le­gen zeig­ten sich scho­ckiert über das Ver­hal­ten des Betriebs­rats­mit­glieds. Die Reak­tio­nen waren über­wie­gend von Empö­rung und Unver­ständ­nis geprägt, da der­ar­ti­ge ras­sis­ti­sche Belei­di­gun­gen als inak­zep­ta­bel ange­se­hen wur­den. Die Gerich­te sahen in der Äuße­rung eine schwe­re Ver­let­zung der Men­schen­wür­de und begrün­de­ten die Kün­di­gung als gerecht­fer­tigt. Legal Tri­bu­ne Online (LTO).

Recht­li­che Grund­la­gen und Erwä­gun­gen

Die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts basiert auf einer umfas­sen­den Abwä­gung zwi­schen dem Grund­recht auf Mei­nungs­frei­heit und dem beson­de­ren Schutz der Men­schen­wür­de. Gemäß Arti­kel 1 des Grund­ge­set­zes ist die Men­schen­wür­de unan­tast­bar und hat somit einen beson­ders hohen Stel­len­wert im deut­schen Rechts­sys­tem. Auf der ande­ren Sei­te garan­tiert Arti­kel 5 des Grund­ge­set­zes die Mei­nungs­frei­heit. In die­sem Fall wur­de jedoch ent­schie­den, dass die Äuße­run­gen des Betriebs­rats­mit­glieds nicht unter den Schutz der Mei­nungs­frei­heit fal­len, da sie die Men­schen­wür­de des Kol­le­gen mas­siv ver­letz­ten. Das Gericht beton­te, dass ras­sis­ti­sche und men­schen­ver­ach­ten­de Äuße­run­gen nicht durch die Mei­nungs­frei­heit gedeckt sind. Die recht­li­chen Erwä­gun­gen umfass­ten auch die Prü­fung, ob die Kün­di­gung ein ver­hält­nis­mä­ßi­ges Mit­tel dar­stell­te, um die schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zung zu sank­tio­nie­ren. Letzt­end­lich bestä­tig­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, dass die Inter­es­sen des Kol­le­gen und der Schutz der Men­schen­wür­de Vor­rang hat­ten und die Kün­di­gung somit gerecht­fer­tigt war. Dejure.org — Recht­spre­chung BVerfG.

Ent­schei­dun­gen der Vor­in­stan­zen

Im Vor­feld der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hat­ten bereits meh­re­re Gerich­te die Recht­mä­ßig­keit der Kün­di­gung des Betriebs­rats­mit­glieds bestä­tigt. Das Arbeits­ge­richt, das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) und schließ­lich auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) befan­den, dass die ras­sis­ti­sche Belei­di­gung eine schwer­wie­gen­de Ver­let­zung der Men­schen­wür­de dar­stellt und somit eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung recht­fer­tigt.

Das Arbeits­ge­richt stell­te fest, dass die men­schen­ver­ach­ten­de Äuße­rung, bei der ein Kol­le­ge mit Affen­lau­ten belei­digt wur­de, eine erheb­li­che Stö­rung des Betriebs­frie­dens dar­stellt. Die­se Belei­di­gung sei weit über eine blo­ße Mei­nungs­äu­ße­rung hin­aus­ge­gan­gen und habe eine dis­kri­mi­nie­ren­de Wir­kung ent­fal­tet. Der Schutz der Men­schen­wür­de des betrof­fe­nen Kol­le­gen über­wie­ge hier das Grund­recht auf Mei­nungs­frei­heit des Kün­di­gungs­geg­ners.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt bestä­tig­te die­se Ein­schät­zung und beton­te, dass die Äuße­run­gen des Betriebs­rats­mit­glieds nicht durch das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz geschützt sei­en. Selbst eine beson­de­re Stel­lung im Betrieb recht­fer­ti­ge nicht den Schutz vor arbeits­recht­li­chen Kon­se­quen­zen bei solch schwe­ren Ver­stö­ßen gegen die Wür­de ande­rer Mit­ar­bei­ter.

Schließ­lich lehn­te auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Revi­si­on des Beklag­ten ab. Es wur­de argu­men­tiert, dass ras­sis­ti­sche Belei­di­gun­gen in kei­nem Fall durch das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung gedeckt sei­en. Somit war der Weg für den Gang zum Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt geeb­net, das eben­falls die Vor­ent­schei­dun­gen voll­um­fäng­lich bestä­tig­te. Wei­te­re Details hier­zu fin­den sich auf Legal Tri­bu­ne Online.

Bedeu­tung und Fol­gen der Ent­schei­dung

Die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hat weit­rei­chen­de Bedeu­tung für zukünf­ti­ge arbeits­recht­li­che Fäl­le und die gesell­schaft­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit den Gren­zen der Mei­nungs­frei­heit. Sie setzt einen Prä­ze­denz­fall und ver­deut­licht, dass ras­sis­ti­sche und men­schen­ver­ach­ten­de Äuße­run­gen nicht tole­riert wer­den kön­nen und arbeits­recht­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen müs­sen.

Für das Arbeits­recht bedeu­tet dies, dass Arbeit­ge­ber nun eine stär­ke­re Grund­la­ge haben, um gegen dis­kri­mi­nie­ren­des Ver­hal­ten vor­zu­ge­hen. Die Ent­schei­dung betont, dass der Schutz der Men­schen­wür­de in der betrieb­li­chen Gemein­schaft einen hohen Stel­len­wert ein­nimmt und dass das Grund­recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung hier Gren­zen fin­det, wo es zu dis­kri­mi­nie­ren­dem Ver­hal­ten kommt.

Gesell­schaft­lich kann die Ent­schei­dung als ein star­kes Zei­chen gegen Ras­sis­mus und Dis­kri­mi­nie­rung gewer­tet wer­den. Sie unter­streicht die Not­wen­dig­keit, dass die Wür­de des Ein­zel­nen auch im Arbeits­um­feld unan­tast­bar blei­ben muss. Dies kann dazu füh­ren, dass Arbeit­ge­ber und Betriebs­rä­te sen­si­bi­li­sier­ter mit Fäl­len von Dis­kri­mi­nie­rung umge­hen und pro­ak­tiv Maß­nah­men zum Schutz der Men­schen­wür­de ergrei­fen.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Bedeu­tung und den gesell­schaft­li­chen Fol­gen der Ent­schei­dung las­sen sich in der Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts nach­le­sen.

Fazit und Aus­blick

Zusam­men­fas­send mar­kiert die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 2. Novem­ber 2020 einen wich­ti­gen Schritt im Kampf gegen Dis­kri­mi­nie­rung und für den Schutz der Men­schen­wür­de im Arbeits­le­ben. Die Ver­fas­sungs­rich­ter mach­ten deut­lich, dass ras­sis­ti­sche Äuße­run­gen in kei­ner Wei­se durch die Mei­nungs­frei­heit geschützt sind und arbeits­recht­li­che Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen müs­sen.

Für zukünf­ti­ge Fäl­le bedeu­tet dies, dass die recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen kla­rer gefasst sind und dass Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber sich stär­ker auf den Schutz der Men­schen­wür­de besin­nen müs­sen. Dies wird auch Ein­fluss auf zukünf­ti­ge Recht­spre­chun­gen haben und könn­te zu einer ver­stärk­ten Sen­si­bi­li­sie­rung in der Arbeits­welt füh­ren.

Ein Aus­blick zeigt, dass wei­ter­hin Sen­si­bi­li­tät und Wach­sam­keit gefor­dert sind, um Dis­kri­mi­nie­rung effek­tiv ent­ge­gen­zu­wir­ken. Die arbeits­recht­li­chen Instru­men­te sind durch die­se Ent­schei­dung geschärft wor­den, und es bleibt zu hof­fen, dass dies zu einem respekt­vol­le­ren und wür­de­vol­le­ren Umgang im Arbeits­le­ben bei­trägt. Wei­te­re juris­ti­sche Ana­ly­sen und Recht­spre­chun­gen zu die­sem The­ma kön­nen auf Dejure.org ein­ge­se­hen wer­den.

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